Suzanne Grieger-Langer: Modifizierte Arbeitswelten sind alles andere als Science-Fiction
In jedem Beruf gibt es Projekte, die man gern macht, und solche, die man weniger gern übernimmt. Unbeliebte Jobs und Fleißarbeiten werden im Betrieb nicht selten hin- und hergereicht, bis sich endlich jemand erbarmt. Was aber, wenn man erst bei der Erledigung einer Aufgabe selbst bemerkt, dass man offenkundig einen Job zugeschustert bekommen hat, den sonst niemand wollte? Noch schlimmer: Was, wenn man dieses Projekt auch noch freudig und dankbar angenommen hat, weil man erst einmal den Eindruck hatte, eine wirklich gute, wertvolle Aufgabe zu übernehmen? Vielleicht hatte man sogar den Eindruck, es sei ein Privileg, dass man genau dieses Projekt zugewiesen bekommen hat. Wenn dann die Erkenntnis kommt, dass man bei der Verteilung der Aufgaben ausgetrickst wurde, fühlt man sich betrogen, ausgenutzt – und dumm. Dabei war es keinesfalls Dummheit, sondern der gezielte Angriff eines Tricksers im Kollegenkreis, dessen Lügen man aufgesessen ist. Hier wurde man schlicht geschickt infoziert, also bewusst mit falschen Informationen infiziert, sprich: auf eine falsche Fährte gesetzt.
In Christopher Nolans Science-Fiction-Meisterwerk „Inception“ beschäftigt sich Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio mit dem widerstandsfähigsten Parasiten auf dieser Welt. Welcher das ist? Die Antwort ist so simpel wie bestechend: Es ist nicht etwa ein Bakterium oder Virus, sondern ganz einfach ein Gedanke. „Wenn ein Gedanke einen Verstand erstmal infiziert hat, ist es fast unmöglich, ihn zu entfernen. Ein Gedanke, der voll ausgeformt, voll verstanden ist, der bleibt haften“, sagt diCaprio im Film. Sein Job in der Rolle des Meisterdiebs Dom Cobb ist es, in die Gedankenwelt von Menschen einzudringen und dort gezielt Gedankenimpulse zu setzen, die das Opfer zu bestimmten Handlungen bewegen, ohne dass es sich bewusst wird, manipuliert worden zu sein. Die Technik, die der Hollywood-Schauspieler und seine Mitstreiter in Nolans Blockbuster benutzen, um Menschen trickreich zu vordefinierten Taten zu bewegen, nennt sich Infozieren. Infoziert wird allerdings nicht nur im Film: Jeder kann immer und überall Opfer eines trickreichen Kollegen werden, der einen durch geschickte Manipulation zu Dingen bewegt, die man überhaupt nicht tun will. Vor allem auf der Arbeit ist dies eine beliebte Art und Weise, um unbeliebte Aufgaben an den Mann zu bringen.
Beim Infozieren handelt es sich um eine teuflische Machenschaft, bei der Menschen mit Informationen infiziert werden wie ein Computer mit einem Virus. Wer nun denkt, so etwas zähle zur Rubrik Science-Fiction und habe mit dem normalen Arbeitsalltag nichts zu tun, der sollte mal tief in sich hineinhorchen – und sich im Kollegenkreis umsehen. Denn es gehört zum Wesen des Infozierens natürlich dazu, dass der Infozierte eben nicht merkt, infoziert – also manipuliert – worden zu sein. Profiler wissen: Dem Blender gelingt es mithilfe ausgesuchter Fehlinformation, die er in homöopathischen Dosen verabreicht, eine Parallelwelt zu erschaffen, die der Infozierte für die Realität hält. Der manipulierte Kollege erlebt seine Arbeitsrealität dann nicht mehr so, wie sie ist, sondern so, wie der Trickser sie eigens für ihn erschaffen hat. Der Blender lockt seine Opfern in eine Illusion, die diese nicht als solche erkennen. Wer aber in einer Illusion lebt, kann nicht mehr angemessen auf die Herausforderungen der realen Welt reagieren. Im Berufsleben führt dies natürlich früher oder später zu weiteren Problemen und Fehlern.
Um seine Opfer möglichst lange in dieser modulierten Welt zu halten, zinkt der Trickser die Karten immer wieder neu. Mit seinen Lügen bleibt er dabei immer dicht an der Realität, um nicht aufzufliegen. Sein Motiv: Im Wesentlichen geht es dem Blender um die Isolierung bestimmter Menschen, um das eigene Territorium im Job zu stärken. Seine Attacken richten sich deshalb in der Regel gegen Personen, die er selbst als Konkurrenz wahrnimmt.
Wer sich vor Infozierung schützen will, sollte diese Profi-Tipps befolgen:
- Faktencheck: Zuerst einmal gilt es, ganz brutal die Fakten zu checken. Was ist real – und was nicht? Hier reicht es nicht, sich die Dinge oberflächlich anzuschauen. Ein Blick in die Tiefe ist unabdingbar, um die Fakten auf den Tisch zu holen.
- Offene Flanken schließen: Im zweiten Schritt kann man sich fragen: Wo habe ich vielleicht selbst unsauber gearbeitet? Genau diese Stellen sind es, die einen im Zweifel angreifbar machen. Sauberes Arbeiten ist deshalb unbedingt notwendig, um sich vor Attacken von Tricksern und Manipulateuren zu schützen.
- Offenlegung: Schlussendlich muss der Täter auch entlarvt werden. Oft melden sich dann auch noch andere Opfer des Blenders. In der Regel sind die Tage des Täters im Betrieb dann gezählt.